Ich weiß nicht so recht, ob ich schreiben soll „endlich geht es los“. Es sind dazu noch zu viele Sachen unerledigt. Die Werft konnte auch nicht alle Arbeiten fristgerecht ausführen. So muss es vorläufig erst einmal ohne Biminis gehen.

Zuerst allein von Stettin nach Rostock. Dort gibt es dann eine Crew.

Ab nach Swinemünde. Unterwegs werde ich von Frachtern überholt auf ihrem Weg aus den Werften von Stettin in die Ostsee.

 

Als ich in Swinemünde einlaufe, herrscht Totenstille im Hafen. Nur ein älterer Herr beobachtet meinen Anleger und meint anschließend „vollautomatisch“. Ich nehme das Mal als Kompliment. Der nachfolgende Aufschrei galt dann auch nicht mir, sondern kam aus der Hafenkneipe, wo die Segler den Polen beim Fußballspielen zusehen.

Am nächsten Tag werden vor Swinemünde die Segel gesetzt. Irgendwie geht das Groß heute schwer. Eine Ursache kann ich nicht erkennen. Dann läuft plötzlich gar nichts mehr hoch. Ein Blick zeigt einen Riss von einem Rutscher aus entlang des Vorlieks. Alles muss wieder runter.

Und nun?

Unter Maschine nach Kröslin, Dort gibt es einen Segelmacher.

In der Mittagshitze das Großsegel abgebaut und zum Segelmacher geschafft. Hier ist bis 14.00 Uhr deutsche Mittagspause. Dann jedoch wird der Gute fleißig. Um 17.00 Uhr ist mein Segel fertig. Alles an Bord und wieder anbauen. Inzwischen herrscht Flaute und ich erleichtere mir die Arbeit die Rutscher wieder in den Mast zu  bekommen, indem ich Stück für Stück das Segel setzte. Fertig!

Nur, es kommt jetzt nicht mehr runter. Ein Rutscher klemmt auf Höhe der dritten Saling. Nichts lässt sich bewegen. Das geht nicht mehr allein.

Im Hafenbüro ist nur noch der Nachtdienst. Ich soll bis Morgen warten. Meinem Argument, dass ich nicht über Nacht mit stehendem Großsegel am Steg liegen kann, verschließt er sich nicht und kommt aufs Schiff. Nach kurzer Einweisung hievt er mich in den Mast. Zum Glück geht das elektrisch. Unter Hammerschlägen lässt sich der Rutscher nach unten bewegen.

In den neu eingebauten Rutscher hat der Hersteller eine Schraube für einen Gleiter auf der Innenseite schräg eingeschraubt. Das verklemmt den Rutscher in der Nut. Damit ist dann auch die Ursache des Risses klar.

Eigentlich wollte ich auf dem Weg nach Rostock nach der Brücke von Stralsund bei Barhöft ankern und dann weiter nach Rostock. Der Wetterbericht verspricht aber nach der Hitze folgende Unwetter, sodass ich den wehenden Ostwind nutzte und bei Hiddensee in die Ostsee segle. Mit 8 Knoten rauscht das Schiff durch die Nacht. Ich finde das erstaunlich, da es doch inzwischen um etliches schwerer sein sollte. Um 01.30 Uhr sind die Leinen in Rostock fest. Um 05.00 Uhr fegt ein Gewittersturm durch den Hafen und lässt das Schiff fasst auf den Steg springen.

Bis hierher alles richtig gemacht.

Die netten Jungs aus Berlin kommen an Bord und bleiben bis Kiel. Einer länger.

Die Kiel Kanal Fahrt wird zur Baustellenfahrt. Der größere Inverter wird angeschlossen, der Bordrechner läuft und das Bordnetz funktioniert. Der Wassermacher findet seinen Platz.

Auf der Elbe geht es durch bis nach Helgoland. Zeit zum Shoppen in den einschlägigen Whiskyläden.

Bitte bevorraten sie sich.

Leider gibt es in den nächsten Tagen kein sichtbares Fenster, um ohne Probleme weiter nach West zu kommen. Den ärgsten Tag sitzen wir auf Helgoland aus. Dann, Leinen los. Anfangs moderat. Auf Höhe Borkum zur Nacht kommt dann der Wind mit 6, später 7 Bft. aus SW. Voll auf die Nase. Alles dauerhaft mit Regenschauern. Wir kreuzen immer zwischen den Friesischen Inseln und dem Verkehrstrennungsgebiet auf. Das dritte Reff ist angesagt.

Stunden, die mal wieder die Sinnfrage des Segelns stellen.

Nach fast 2 Tagen passieren wir nachts um eins die Hafenmole von Imuijden. Ich weiß, dass es in der Marina gleich am Eingang Stege zum längsseits anlegen gibt. Auch hier pfeift es mit 6 Bft. quer durch den Hafen. Alles ist vorbereitet. An den Steg springen, die Leine auf der Springklampe am Steg fix und eindampfen um das Schiff längsseits zu legen. Leider kommt die Leine an Land nicht so schnell dicht, wie es nötig wäre und mit der Hand hält man bei den Bedingungen schon einmal gar nichts. Ich treibe mit dem Schiff ab und bekomme es, trotz Bugstrahlruders, kaum durch den Wind. Schnell hole ich die im Wasser hängende Leine aufs Schiff, damit die nicht in den Propeller kommt. Vierkant weht es auf die Steinmole hinter mir. Gebrüllt werden die nächsten Manöveransagen zum Steg. Mehrmals gelingt es nicht eine Leine an Land fest zu bekommen, da das Schiff nur kurz in der richtigen Position zu halten ist und dann zu schnell seitwärts abtreibt. Also, nur mit der Spitze ran, denn vorn hängt ja noch die vorbereitete Bugleine. Die Spitze bummst leicht an den Steg. Dichter geht nun wirklich nicht. Die Bugleine ist jedoch nicht zu greifen. Die ist stramm am Rumpf fest. Beim Betätigen des Bugstrahlruders gehen inzwischen alle Licht aus. Ich denke kurz, dass jetzt auch noch die Batteriebank die Grätsche macht. Dann muss jedoch sofort wieder verhindert werden, dass einerseits das Schiff auf der Steinmole landet und andererseits mit liegenden Schiffen kollidiert. Eigentlich wollten wir nur anlegen. Nach diversen Anläufen gelingt es eine Leine an Land zu bekommen und zu fixieren.

Gewonnen! Eindampfen, festmachen, fertig.

Die Manöveranalyse bringt zu Tage, dass mit Spring und Vorleine auf den Steg gesprungen wurde. Es gelang weder die eine, noch die andere Leine fest zu bekommen. Damit waren beide Festmacher im Wasser. Angesagt wurde aber nur die Spring, die ich herauszog. Die Vorleine hatte ausreichend Zeit, sich um das Bugstrahlruder zu wickeln und ist von dem dann so fest gedreht worden, dass alles blockiert war und die Batteriespannung zusammenbrach beim Versuch es zu nutzen.

Ein Bier und ab in die Koje.

Am nächsten Morgen begann das große Aufräumen. Selbst die Vorleine ließ sich aus dem Bugstrahlruder wickeln und zwar vom Steg aus, sodass keiner ins Wasser musste.

Alles gut.

Morgen weht es zwar weiter aus West, soll aber moderater sein. Damit geht es Richtung Cherbourg.

Solche zwei Tage wie bis hierher braucht kein Mensch noch einmal.