Über Stunden hing ich im Mast. Der neue Verklicker musste auf der VHF Antenne montiert werden. Ein Stück Kabel der abgeschnittenen Dreifarbenlaterne musste ebenfalls nach unten, um sie neu anzuschließen. Da starben mir zum ersten Mal die Füße ab.

Nachmittags wieder rauf. Die Segellaterne war kabeltechnisch präpariert und hing gesichert auf dem Fuß montiert an der Hüfte. Auf der anderen Seite pendelte der Akkuschrauber, Bohrer eingespannt. Im Eimer vor dem Bauch, Werkzeug, Gewindeschneider, Tape, Scheiben und Schrauben, sowie ein Küchenmesser. Leider, das Gute.

Wieder nach oben.

Das besondere Gefühl im Mast ist es, wenn man mit dem Kopf oder noch weiter über der Mastspitze arbeitet. Anders, als wenn noch der Mast vor einem ist. Dadurch, dass Löcher zu bohren und Gewinde zu scheiden waren, wurden auch beide Hände gebraucht. Keine frei zum Klammern, wenn ich die Böen mit 6 Bft. durch den Hafen heranrauschen hörte.

Dann war aushängen angesagt.

Im Ergebnis gibt es wieder eine Segel- und Ankerlaterne im Mast. Das ist mit dem Verlust eines guten Küchenmessers erkauft, dass den Absturz aus über 17m Höhe mit einem Sprung über Bord quittierte.

Ich hätte ja auch ein billiges zum Isolation schneiden mitnehmen können.

 

Die Franzosen proben schon einmal die EU Außengrenze nach dem Brexit. Zu dritt stand der Zoll am Schiff und begehrte Einlass.

Aber gern.

„Schiffpapiere und Pass.

Allein unterwegs? Woher, wohin? Heimathafen? Berlin!? Da kann man mit dem Schiff hin? Nein, wie denn dann? Rostock? Wo liegt Rostock? Haben sie davon eine Seekarte und können das zeigen? Was, dass ist Dänemark und da liegt Rostock?

Kiel Kanal? Oui, Kiel Kanal! How much for a passage?

Was machen sie denn so beruflich? Aha, im Urlaub?

Na dann noch gute Reise.

Auf Wiedersehen.“

 

Ansonsten jeden Tag der Blick ins Wetter auf der Suche nach der Gelegenheit, ohne zu viel Stress West zu machen und vom Kanal in die Biskaya zu kommen.

Nach drei Tagen, das Fenster.

Drei Stunden vor Dover Hochwasser um 5 Uhr los, damit im Alderney Race die Tide mitläuft. Ein bisschen Hack-Spitze gegenan. Anschließend rund Cap Le Hag durch die Kanalinseln. Hier begann die Rauschefahrt. Mit einem Schrick in den Schoten gen West. Nachts innen die Ilse de Quessant passiert. Die Tide passte, mit 10.5 Knoten durch.

Um 21.00 Uhr fest in Lorient. Etwas übermüdet, da die Crew, bei allem Wollen, der Seekrankheit zum Opfer gefallen war.

Bitte, ab jetzt, nur noch Tagestörns.

Noch ein bisschen verpennt ging es am nächsten Tag weiter, Richtung Süden.

Blauer Himmel, moderate Windverhältnisse, am Wind Kurs. Das Wetter, um die Windfahnenselbststeueranlage auszuprobieren. Zumindest bei den Bedingungen steuerte die Anlage das Schiff in den Toleranzen von plus minus 5 Grad den angesagten  Kurs. Selbst die Winddreher wurden mitgefahren. Das ist doch schon einmal nicht schlecht und gibt Hoffnung auf mehr.

 

Leider konnte ich den schönen Tag nicht gänzlich im Cockpit verbringen. Die Wasserpumpe war deutlich zu laut und schien auch nicht mehr den richtigen Druck aufzubauen. So widmete ich mich unter Tage der neuen Baustelle.

In Rostock hatte ich ausdrücklich die baugleiche als Ersatz für den Atlantik bestellt und scheinbar auch geliefert bekommen.

Bei der montierten Pumpe war die Sollbruchstelle defekt; der Exzenter aus Plastik.

Bei der neuen Pumpe passte gar nichts. Der Hersteller hatte alles verändert. So gab es eine komplette Neumontage des Systems.

Zum Sonnenuntergang war ich dann wieder an Deck und konnte noch in Porchinet anlegen.

Weiter im Hochdruck Richtung Süden.

Vormittags ein bisschen Segeln mit Nordwind, dann Flaute, gen Nachmittag Thermik mit Ostwind bis 5 Bft.

Heute Abend Les Sables-D`Olone, dem Startort der Vendèe Globe.

Nur, keiner da.

Nächstes Ziel La Rochelle.

Seit Tagen ist der Hochsommer ausgebrochen. Unter Deck steht die Hitze. An Deck fehlt Schatten.

Bei mäßigen Winden wird die Windfahne der Selbststeueranlage weiter ausprobiert, bis dann ein heißer E Wind mit 4 bis 5 Bft. über das Land fegt und uns schnell nach La Rochelle bringt.

Der Wind weht einen ganz neuen Gast an Bord.

Tauben, Meisen, Schwalben wurden alle schon an Bord geweht und segelten teilweise länger mit.

Dass ein junger Falke einen Meter neben mir auf dem Steuerrad Platz nahm war eine Premiere. Hellbraun die Augen und das Gefieder. Sehr schön.

Eine kleine Bewegung im Cockpit reichte aus, um ihn wieder aufzuscheuchen. Er suchte sich ausgerechnet den Windpfeil des Verklickers im Mast als neuen Landeplatz. Das ging nicht lange gut. Seine Anflüge auf die parallel liegende Ile de Re, gegen den Wind, brach er mehrmals wieder ab, um zum Schiff zurückzukehren.

Diesmal eine längere Mitreise direkt auf dem Masttop.

Der letzte Inselanflug wurde ihm dann zum Verhängnis. Anstatt segeln quer zum Wind zur Insel zu gelangen, versuche er es fliegend gegenan. Auf halber Strecke verließen ihn die Kräfte und er landete im Wasser und damit verschwand er aus unserem Blick.

Schade um das wirklich schöne Tier.

Ein wahrer Strom an Booten ergießt sich in den großen Yachthafen Minimes vor La Rochelle.

An Land tobt der Schlusstag eines Musikfestivals bis in die Nacht.

Leider füllt mir auch hier niemand die erste leere Propangasflasche wieder auf. Noch ist Ersatz an Bord. Ich will jedoch den Kauf der teuren Camping Gaz Flaschen, zumindest hier, vermeiden. Nach meiner Kenntnis sind die in Spanien oder Portugal deutlich günstiger als 60,-€.

Die ganze Rumrennerei in der Stadt war wieder voll tourilike. Immer in der größten Mittagshitze unterwegs.

Na dafür gönnen wir uns einen Ruhetag, weil die Stadt wirklich sehenswert ist, bevor es Morgen weiter geht.