„Oins, zwoa, droa, gsuffa“, schallt es über das nächtliche Hafenbecken.
Was ist denn hier los?
Das „Festival de cervesas“ hat im Ausstellungs- und Tagungszentrum auf der anderen Hafenseite eröffnet. Noch im Eingang zum Saal pralle ich zurück, als der erste spanische Kellner in Lederhose und Karohemd mit einer Ladung Maßkrüge auf mich zuschießt.
Auf der Bühne stellt sich gerade die Trachtenkapelle vor: „And at the saxophon Rudi from Colone“.
Aha, hier gibt sich der Rheinländer bajuwarisch.
Am nächsten Tag lerne ich an der Hafenwaschmaschine einen weiteren Rheinländer kennen. Ein ausgeglichenes Gemüt. „Wer mit mir nicht klarkommt, muss ein Problem haben.“ Ein weiterer segelnder Rentner. Auf Tshotsholoza tauschen wir gegenseitig Segelerfahrungen und Tipps aus. So erfahre ich, dass für die Islas Cies vor Vigo eine Befahr- und Ankererlaubnis gefragt ist. Hatte ich dafür noch nie. Er bekommt Tipps für Liegeplätze in Lissabon und im Mittelmeer.
Der Crewtausch ist vollzogen und die Erlaubnis auch beantragt, bevor es zu zweit am frühen Morgen losgeht, um die 80 Meilen um die Nordwestecke Spaniens in Angriff zu nehmen und hinter dem Kap Finisterre nach Muros zu laufen.
Pünktlich zum Mittag baut sich der portugiesische Norder auf und beschert uns eine schnelle Fahrt. Ein Kap nach dem anderen, jeweils mit Leuchtturm, wird abgehakt. Am Kap Finisterre stauen sich die Campingbusse. Wohl auch so ein Muss, ähnlich dem Nordkap. Jedenfalls, hierher gepilgert scheinen die wohl nicht zu sein. Es sind aber auch keine lodernden Flammen von brennender Pilgerbekleidung zu sehen. Dafür gibt es auf dieser Strecke reichlich Segelbootverkehr in beide Richtungen, Nord und Süd. Das wird in den nächsten Tagen unter den Seglern die Frage sein, Nord oder Süd.
Trotz nicht erhaltener Erlaubnis steuern wir die Islas Cies an. Es weht heftig aus Nord, sodass wir hinter den Inseln ankern. Das Sternbild des Skorpions steht voll am nächtlichen Himmel und das Meeresleuchten findet in der Kloschüssel statt.
Bis der Anker aufgeht, wollte Niemand eine Erlaubnis sehen.
Mit dem Norder bis 7 Bft. zieht die portugiesische Küste flott vorbei. Vor dem Wind, nur unter der Genua, angenehmes Segeln. Erst in der Hafeneinfahrt von Viana do Castello geht es gegen an und wird nass.
Es läuft, durch den Fluss und die Tide, viel Strom an Anleger. Wir sind im Päckchen fest, als der Strom einem weiteren Segler einige Schwierigkeiten bereitet. Sein Anlegeversuch, beim Nachbarn dicht hinter uns, mit dem Strom von mind. 3 Knoten, lässt alle Anlieger mit Katastrophenfendern auf den eigenen Schiffen erscheinen. Nach diversen missglückten Versuchen liegt er dann quer zum Strom auf dem Heck des Briten, an dem er eigentlich ins Päckchen wollte. Inzwischen gibt es auch Publikum auf der Hafenbrücke. Die Nerven des Skippers liegen blank. Einzig der Brite behält seine Form von Understatement als Gentlemen. Bis zum Einbruch der Nacht ist es dann der vereinten Seglerschaft gelungen, das Schiff ins Päckchen zu bekommen.
Beim Ableger des Bootes am nächsten Morgen standen schlagartig, auf allen umgebenden Schiffen, die Besatzungen mit Fendern parat und grinsten sich an. Der Skipper bedankte sich in die Runde.
Zum Einlaufen in die neue Marina in Porto trafen sich alle wieder.
Die Damen in Marinabüro waren an Kundenorientierung und Freundlichkeit kaum zu überbieten. Alle Infos zur Stadt und zum Hafen und wenn dann noch Fragen sind, bitte gern.
Schon zur Nacht zog der Nebel den Fluss hinauf und hüllte die Marina ein.
Das war dann auch am nächsten Morgen noch so, nur dass hier niemand ein Nebelhorn bediente. Bis auf die Höhe von Alghiero schlichen wir durch die Suppe und hielten scharf Ausschau, denn nicht alle Berufs- und Freizeitskipper fahren hier mit aktivem AIS durch den Nebel. Nach 65sm hieß der nächste Stopp Figuera do Foz.
Der nächste Tag brachte dann wieder den gewohnten Norder mit blankem, blauen Himmel.
Groß war in Porto ein Boatfestival in Nazere plakatiert. Vor Ort stellte es sich als rührige Veranstaltung einer hier gestrandeten Deutschen heraus. „Da sind Sardinen auf dem Grill, in der Eiskiste stecken kleine und große Biere, bedient euch. Bezahlen ist nicht, aber Spenden nehmen wir gern.“ Ein Stehgeiger baute dann auf und gab sein Bestes zum Playback. Die paar Segler kannten sich und verteilten sich über drei Biertischgarnituren. Nur von den plakatierten Großseglern war nichts zu sehen. Das wird wohl noch. Doch wir können sagen, wir haben die Anfänge erlebt.
Aus der Hafeneinfahrt von Peniche kam uns die Armada der lokalen Fischerboote entgegen. Mit Fahnen, bunten Bändern und Palmenzweigen reich geschmückt und laut hupend. Offensichtlich eine Prozession. Pünktlich, nach unserem Anlege, kehrten sie in den Hafen zurück. An der Hafenrampe wurde eine Madonnenmonstranz schon von einigen Pfarren erwartet, vom Schiff gehoben und unter Glockengeläut in den Ort getragen. Direkt im Hafen war parallel dazu ein Festplatz aufgebaut. Das wird eine laute Nacht.
Das war es auch, aber der Abend war schon spannend.
Denn, die Prozession ging nachts weiter.
Die Heiligenfiguren wurden mit Einbruch der Dunkelheit wieder aus der Kirche zu den Schiffen getragen. Mit den Tendern erreichten sie die großen Boote und wurden verladen. Mit viel TamTam ging es wieder aus dem Hafen. Über den Hafen erscholl während der gesamten Zeit ein typischer Predigtsingsang. Auf der Hafenmole hatte sich inzwischen viel Volk versammelt. Mit der Rückkehr der Schiffe kurz vor Mitternacht kündigten fünf fette Böller das Feuerwerk an.
Peniche in Flammen.
Die Disko wummerte noch bis um vier.
Frühstück unterwegs, um die 60 sm nach Lissabon in Angriff zu nehmen. Leider wurde aus der geplanten Regatta mit unserem Päckchenlieger nichts, da der Wind aus dem Dieseltank kam. Nur die letzten Meilen den Teijo hoch, unter der Brücke des 25. April, nach Lissabon konnten wir segeln.
Mal wieder im Doca Alcantara.
Die Hitze steht im Hafen und der Autoverkehr summt wie ein Hornissenschwarm auf der Brücke. Alle 10 Minuten überfliegt ein Flugzeug den Hafen.
Willkommen in der Großstadt. Die Crew mustert hier ab.