Um nach der Strecke von 90 Meilen von Philipsburg/St.Maarten nach Cooper Island/Britisch Virgin Islands im Hellen anzukommen, musste es um Mitternacht losgehen.

Das war ja quasi schon ein neuer Tag. Da konnte Murphys Law auch schon wieder zuschlagen und es brach gleich nach Null Uhr der Beschlag des Baumniederholers. Das fing ja gut an!

Dazu totale Flaute, sodass der Törn zur Motorbootfahrt verkam.

Um 16.00 Uhr verloren wir dann den Kampf um die letzte freie Mooring in der Ankerbucht vor Coopers Island. Ankern in dritter Reihe auf 17m. Die volle Kette draußen, knapp 80m.

 Trotz der Fülle ein idyllischer Platz mit abendlichem Vogelgesang.

 Am nächsten Morgen Segelbetrieb wie auf dem Wannsee. Der frühe Vogel fängt den Wurm in Form einer freien Mooringboje in der nächsten, empfohlenen Ankerbucht. Die Inselhauptstadt von Tortola lassen wir mal aus, wegen der vielen Kreuzfahrer und segeln ans Westende der Insel, nach Skooper‘s hole. Hier haben wir das Glück eine der wenigen freien Mooringbojen zu erwischen. Einklarieren mal wieder eine Story für sich. Die üppige junge Dame ist kaum von ihrem Bildschirm mit junger, offensichtlich schlank machender Mode, fortzubewegen. Wechselgeld für die Einklarierungspapiere Fehlanzeige. Wir könnten dafür aber 8 Exemplare erhalten. Dankend abgelehnt, weil sinnlos, da wir nicht mehrfach einklarien wollen. Das Thema Bezahlung wird dann im Prozess irgendwie beidseitig fallen gelassen.  Die britische Krone um 80 Pence geprellt!

 Der Rest drum herum ist dann sehr teuer, dachten wir, bis wir hinüber nach Charlotte Amelie/US Vigin Islands segelten. Zu unserem Glück werden wir aus der Marina wegen Platzmangels wieder hinaus komplementiert. Kostete der Platz am Steg in den BVI noch 72,-$, die Mooring 30,-$ am Tag, so werden hier in der Marina für unsere 47 Fuß 232,-$ am Tag aufgerufen. Wasser und Strom extra, sowie 15,-.$ für die Security. Das wird im Marinaoffice lächelnd zusammengezählt und präsentiert, wohl wissend, dass wir, nach unserem Aussehen, da wohl passen müssen. Zu Recht!

 Die Mooringboje vor der Marina kommt niemand abkassieren.

 

Einklarieren hier in die USA. Sehr nett, aber auch mit dem vollen Programm. Fingerabdrücke, Foto ohne Brille und Befragung. Im Ergebnis eine zeitliche Befristung in unser Visum bis September 2017. Nur das Sailing Permit wird hier nicht ausgestellt, sondern erst in Puerto Rico.

Die Kreuzfahrer geben sich im Ort die Klinke in die Hand, da steuerfreies Einkaufen offeriert wird. Die Einkaufsmeile in den alten dänischen Handelskontoren bieten entsprechende Waren an. Schmuck, Uhren, Designerklamotten und lose Diamanten, gern auch in größeren Mengen im Sack.

Der lokale Supermarkt kann da im Angebot kaum mithalten, bemüht sich aber bei den Preisen.

Weiter nach Culebra, einer der spanischen Virgins, vor Puerto Rico. Eine traumhafte ruhige Ankerbucht. Sehr fern der Welt, bis die ersten Deutsch-Amerikaner im Dinghi vorbeikommen. „Germans!“ Selbst in die USA ausgewandert. So klein ist dann doch wieder die Welt.

Es folgt ein schöner Segeltrip nach San Juan/Puerto Rico.

 Die Insel empfängt einen schon von ferne mit Hochhäusern. Lange nicht gesehen.Wer die Welt mit einer Doktorarbeit über die Geräuschentwicklung startender Sportflugzeuge bereichern will, hier, in der Marina San Juan, wäre der Platz für die Feldstudien. Die Marina liegt genau in der Fortsetzung der Start- und Landebahn. Im 10 Minuten-Takt geht das hier ab 7 Uhr los. Ein-und Zweimotorig, Propeller und Düse, mal einen Hubschrauber eingestreut. Ich konnte mit Mühe das Nachtflugverbot durchsetzen. Der Verkehrsflughafen liegt etwas weiter.

Einklarieren in die USA, die Zweite.

 Erst einmal an der falschen Stelle. Der erste Anlauf war nur für Kreuzfahrtschiffe. Dazu gehören wir eindeutig nicht. Mit dem Taxi zur nächsten Station. Am richtigen Terminal an der richtigen Tür geklingelt. Die Tür geht auf. Dahinter zwei Beamte versetzt gestellt, jeder mit der Hand auf dem Colt. Heftiger Rüffel vom Chef, nachdem wir unser Anliegen Einzuklarieren vorgetragen haben. So ginge das nicht. Klingeln und dann hereinmarschieren. Da muss man vorher anrufen und sich anmelden. Mein Einwand, dass ich das probiert hätte, aber das deutsche Handy hier nicht wirklich mit der angegebenen Nummer funktionierte, zählte nicht. Platz nehmen und warten!

Nach geraumer Zeit waren wir dran. Der Schiffsname hat sich inzwischen als Türöffner herausgestellt. So auch hier. Zwar eine strenge Befragung und Sichtung der Papiere, aber da wir auf unser Visum schon in den USVI eine Befristung bis September 2017 bekommen haben, ging es hier um das Sailing Permit für ein Jahr. Wurde erteilt. Zusammen mit einer Entschuldigung für das „harsche“ Auftreten (er rang sichtlich um die passende Formulierung). Schließlich bestände immer Terrorismusverdacht. Vielleicht ein bisschen aus einem schlechten Gewissen heraus, wurden wir abschließend, im offiziellen Dienst-SUV, wieder in die Marina gefahren.  Leider blieb das Blaulicht aus. Damit war dann schon einmal wieder ein halber Tag herum.

Die zweite Tageshälfte bestand darin, einen passenden US Stecker für den Landanschluss aufzutreiben. Leider wurde aus den angesagten 220V nichts, da nur 125V am normalen Anschluss anstanden. Für den Drehstromanschluss hatte ich, trotz diverser Adapter, nicht die passende Größe. Nachdem ich, nachts, dem Marina Manager erklärt hatte, wie man aus 380V Anschlüssen noch 220V herausbekommt, wollte er, tags drauf, den lokalen Elektriker vorbeischicken, um für nachfolgenden europäischen Kunden gewappnet zu sein. Der gute Mann hat wohl den Weg zum Schiff nicht gefunden.

Handwerklich ging es trotzdem am folgen Tag weiter. Die Ankerwinsch kam mit der zusätzlichen 12mm Kette nicht zurecht. Immer wieder klemmte ein Kettenglied zwischen Kettennuss und Kettenabweiser. Ausgesprochen nervig und fingergefährdent, die Kette im Ankermanöver wieder an Bord zu bekommen. Der Abweiser muss breiter sein. Der halbe Steg der Marina war involviert, bis ich den richtigen Tipp für eine Schweißerbude bekam. Selbst der Taxifahrer auf dem Weg dahin musste sich zwei Mal per Handy den Weg weisen lassen, bevor wir vor der richtigen Tür standen. Wie Metallbuden so sind: Alles voll mit diversen Maschinen; Drehbänke, Standbohrer, Sägen. Einige Schrottkisten und Metallberge. Die Wände fast schwarz von Öl und Metallstaub. Hier noch zusätzlich fette Standventilatoren, um die feuchte Hitze auf die Straße zu blasen. Zwei Leute nahmen sich meines Anliegens an. Den Beschlag vom Rohkicker schweißen und den Kettenabweiser aufdoppeln. Sofort wurde in den Schrottkisten nach passendem Material gesucht. Mit Händen und Füßen und einem Stück Kreide auf einer Metallplatte verständigten wir uns über die unterschiedlichen Ansätze, die Arbeit anzugehen. Das Ganze musste dann noch vom Seniorchef abgesegnet werden, bevor die Arbeit wirklich los ging. Ich bekam noch einen  Kaffee und alles war fertig. Die Feinarbeiten mache ich dann an Bord mit der Flex. So dachte ich.

Aber, Kettenreaktion: Akkuflex, Akkus leer, kein passender Landanschluss, Generator an und Akkus laden, Generator läuft und bleibt dann  stehen! Mal wieder schöne Sch …

Der nächste Tag ging drauf, die Ursache für den Generatorstopp zu finden. Kein Kühlwasser, aber warum? Impeller sieht gut aus, Wasser kommt durch das Einlassventil, Sieb ist nicht verstopft, auch nicht die Zuleitung. Letztlich hatte sich der Gummiteil des Impellers in der Pumpe von der Antriebsachse gelöst und drehte nur sporadisch mit. Das braucht seine Zeit (bei mir), um darauf zu kommen.

Der Generator lädt seit Stunden und ich flexe so vor mich hin, da bleibt das Ding wieder stehen. Der Zahnriemen ist jetzt gerissen. Na wenigstens sieht man das gleich.

Lt. Marinabüro gibt es den Ersatz bei West Marine. Die firmieren im Internet mit dem „Flagshipstore of the Carribean“. Der Taxifahrer bringt uns hin. Neuer Impeller ja (dreimal so teuer, wie bei SVB), Zahnriemen nein. Nach diversen Telefonaten gibt es eine Adresse. Der Taxifahrer bringt uns auch da hin. Fehlanzeige. Man kann sich nicht erklären, mit wem West Marine gesprochen hat. So etwas hat man nicht. Der Taxifahrer, selbst Wassersportler mit Motorboot, wie wir inzwischen wissen, bekommt das alles mit: “I will help you“ und beginnt zu telefonieren. Schlussendlich landen wir in einem kleinen Laden in seinem Wohnbezirk, der ausschließlich mit Zahn- und Keilriemen handelt. Es gibt zwar die richtige Länge, aber nur doppelt so breit. Nehm ich gleich zwei und schnitze mir das zurecht. Auf dem Rückweg gibt es noch einen  Abstecher zu seinem Motorboot. Zweimal 125 PS. Na gut, zeigst du mir dein Boot, zeige ich dir meins. Auf dem Weg zum Ausklarieren gibt es einen Blick aus dem Taxi auf Tshotsholoza.

Bleibt noch ein bisschen Zeit für Sightseeing. Jetzt aber mit dem Bus in die Altstadt von San Juan. Da man hier schon mit 60 Senior auf den öffentlichen Verkehrsmittel ist, ein preiswertes Vergnügen. San Juan selbst kann man Ansehen, muss man aber nicht. Trotzdem ein Hotspot für Kreuzfahrer in der Karibik. Wir erleben auch hier mal wieder die große Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der Leute. Auf dem Busbahnhof, noch unsicher schauend, wo und welcher Bus denn wieder zurückfährt, wird Hilfe und Information angeboten. Die junge Dame geht selbst für uns nach der besten Verbindung fragen. Immer wieder treffen wir auf eine freundliche, unaufdringliche Art der Hilfsbereitschaft, gepaart mit Geduld und Muße.

Karibik!

 

 Die knapp 600 Seemeilen nach Cuba segeln wir am Stück an der Dominikanischen Republik und Haiti vorbei. Lt. Revierführer gibt es für Segler in der Dom. Rep. ähnliche Restriktionen wie auf Cuba, zusätzlich gepaart mit einer ausgeprägten Bestechungskultur bei den Behörden. Nur mit Genehmigung von Hafen zu Hafen. Zum Teil mit phantasievollen zusätzlichen Gebühren. „Wer das nicht mag, sollte nicht dorthin segeln“ (Revierführer). Für Haiti gibt das Auswärtige Amt eine Reisewarnung heraus. Der Revierführer speziell für die Nordküste.

 Ein Abstecher auf die Bahamas scheidet mit Blick auf die Bordkasse aus. Egal ob 30 Minuten oder 90 Tage, der Eintritt kostet 300.-$. Also, durch und vorbei.

 Langstreckensegeln, wie es sein soll: Alle Systeme funktionieren, die Sonne scheint, nachts der Mond, Backstagbrise mit 4 bis 5 Bft, unter Genaker oder Vollzeug, ab und an mal die Maschine. Das Schiff spult selbst die Meilen ab. Es gibt keinen aktuellen Reparaturbedarf, nur Verbesserungen. Hier mal einen Bolzen anziehen oder Taklinge setzen. Auffallend jedoch, wenige Tiere unterwegs. Kaum fliegende Fische, keine Seevögel, nichts. Was ist hier los? Bermudadreieck?

 Nach 582 Seemeilen und 4 Tagen Segeln einlaufen in Puerto de Vita/Cuba. Eine Einfahrt in die Bahia wie auf einem Stück Oder. Dichtes Grün, von Sandstränden unterbrochen. Eine schöne Landschaft, nur eben karibischer, allein wegen der Temperaturen und der Feuchte.

 Aus der Marina kommt, nach Funkkontakt, ein Motorboot heraus und leitet uns.  Der Kollege hat wohl zwischen den Tonnen eine Abkürzung genommen und wir sitzen fest. Eine ½ Stunde vor und zurück, bis das Schiff wieder frei ist. Dann dürfen wir ankern. „Die Behörden kommen an Bord.“

Nach einiger Zeit setzt sich in der Marina ein Boot in Bewegung und liefert den Arzt im weißen Kittel an Bord ab. Sehr nett, umgeben von einer Aura Deo, englischsprachig. Nach diversen Formblättern mit Fragen zur Gesundheit von Kapitän und Crew eine Temperaturmessung auf Distanz. „Kommt aus Deutschland.“ Ich sehe nur ein sehr dickes Baby auf der Verpackung. Alles klar, wenn das Nass auf meiner Stirn Schweiß ist. Ich kann bestätigen. Dann geht jetzt die gelbe Quarantänefahne herunter (keine Seuchen an Bord) und wir können in die Marina einlaufen. Vorher muss er jedoch von Bord. Bis dahin ist Bayern München das Thema. Wir folgen in die Marina und machen vor Buganker fest, wie in Griechenland. Von Bord darf man allerdings noch nicht, denn jetzt geht die Parade erst los.

 Zuerst der Hafenkapitän im Blaumann, mit viel Papier und einem Fotoapparat.  Alles, was deklariert wird (Schlauchboot in Tasche, Außenborder in Backskiste, GPS, Kartenplotter, VHF, usw.) wird auch so fotografiert. Dazu Handys und Laptop. Dann man selbst, ohne Brille, neben den Pässen. Nur auf die Fingerabdrücke wird verzichtet. Das hatten wir doch erst?!

 Inzwischen wuseln zwei weitere Beamte, jeweils mit Hund, über und durch das Schiff. Einer sucht Drogen, der andere Sprengstoff. Auch die Hunde werden, als Arbeitsnachweis an Bord, geknipst. Wir dürfen in der Zeit unsere eigenen Visa ausfüllen. Bloß nicht verschreiben, weil alles amtlich! Zum Schluss noch die Frage nach einigen privaten Aufnahmen, da er das Schiff so schön findet. Aber bitte, das ist jetzt auch schon egal.

 Kaum sind Beamte und Hunde raus, stehen drei weiter Besucher da. Zweimal Landwirtschaft, einmal Zoll. Diesmal Fragen zu den vorhandenen Lebensmitteln und Hinweise zur Müllentsorgung. Der Zoll hätte gern eine Erklärung zu allen eingeführten elektronischen Geräten mit Typ und Nummer. Auf meine Nachfrage, wirklich alle, da doch viele fest eingebaut sind, heißt es, zwei drei würden genügen. Sollen sie haben. Ich mache mir die Antwort bei der Nachfrage zu vorhandenen Lebensmitteln zu Eigen und zeige zwei drei vor. Zwiebeln, Knoblauch und Tomaten. Die Tomaten werden befühlt und für gut befunden. Dann noch die Kühlschranktür auf. „Ist das alles?“ „Natürlich.“ Den skeptischen Blick ignorieren wir mal, da alle im Salon auf diversen Konserven sitzen. Nach 3 ½ Stunden krachen die letzten Stempel und der letzte Offizielle geht von Bord. Alle sehr nett und hilfsbereit.

 Das sind die neuen Besucher in der Dämmerung nicht. Moskitos! Während sich eine totale Stille über die Mangroven senkt fallen sie ein und werden zur nächtlichen Qual.