Tage mit Sonne im Hochdruck, daher ohne Wind. Delfine und Seehunde sind meine Begleiter. Immer wieder umkurven die Fischer die Bojen ihrer ausgelegten Hummerkörbe. Einige bieten mir ihren frischen Fang an. Verlockend, aber ich weiß inzwischen, dass der Kamerad nicht nur in gesalzenes Wasser geworfen werden muss, sondern, dass das Wasser auch anschließend weiter sprudelnd kochen sollte, um sich halbwegs waidgerecht zu verhalten. Abgesehen von der passenden Topfgröße, bekomme ich das mit Bordmitteln nicht hin. Dazu hat der Herd zu wenig Power. Schade.

 In Boothbay Habour muss ich an die Tanke, um bei dem Schwachwind auf der sicheren Seite zu bleiben. Der Dockmaster hatte auch gleich eine bezahlbare Mooring für mich. Zwei Tage Pause. Im Ort war jetzt mehr los, als beim ersten Stopp im Juni.

Noch sind Ferien, doch im Radio wird schon für das im September beginnende neue Schuljahr getrommelt. Genauso wie für die dann startende Football Saison. Die New England Pariots sind hier wohl die Heimtruppe. Ebenso wirft Halloween seine Schatten voraus.

Im Hafenbüro gibt es WiFi mit extra für mich frisch aufgebrühten Kaffee.

Ich erzählte nebenbei, dass ich heute Morgen schon ins 15 Grad kalte Wasser musste, um die vom Ebbstrom um die Schiffschraube gewickelte Schlauchbootleine wieder herauszubekommen. Alles ziehen, zerren und fummeln mit dem Bootshaken half da nicht, ich musste tauchen Sprachlich war die Geschichte wohl nicht ganz ausgefeilt. Jedenfalls wurde mir gleich ein der Neopren vom Hafenmeister angeboten. Na ich war ja nun schon drinn. Trotzdem danke. Aber ich brauche einen neuen Kochtopf. Den alten hatte ich gestern beim Klopfen von Schnitzeln gleich mit platt gemacht. Gibt es den im Ort? Sofort wird das Handy gezuckt und nachgeforscht. Es gibt im Boothbay einen Hardwarestore. Damit ich da nicht umsonst hinlaufe, ruft er auch gleich noch an und fragt, ob Töpfe vorrätig sind. Total nett. Aber wohl auch etwas beeindruckt, dass ich mit dem Schiff hier allein auftauche. Denn dazu werde ich ausgefragt und berichte von der bisherigen Reise, bis der Kaffee alle ist. Bevor es Morgen weitergeht gönne ich mir noch den wohl letzten Lobster in Maine und eine ausgiebige Dusche.

Wenn schon Wind, dann bitte richtig! NW 6 Bft., Sonne, aber frisch in den Temperaturen.

Also, sagen wir mal fast richtig. Trotzdem ein Traumsegeltag mit einem Anlieger von Boothbay Harbour bis nach Portland. Die Welle hielt sich in der Landabdeckung in Grenzen. Leider verlasse ich mit Portland aber auch die schönere Ecke von Maine. Da der Wetterbericht für Sonntag den Durchzug einer Kaltfront mit Regen ansagt, geht es noch in der Sonne bis nach Portsmouth weiter, um dort an einer Mooring, das Wetter auszusitzen. Das war auch die richtige Entscheidung, In der Nacht begann es zu regnen und hefig zu winden. Das hielt dann 24 Stunden an. Zwei sehr schöne Segeltage von hier über Gloucester nach Boston. Dann auch hier an einer Mooring die nächsten Tage und Nächte. Wind und Regen bis hin zu eingestreuten Gewittern. Als alles abflaut, mit dem Dinghy zum Einkauf und ins John F. Kennedy Museum

Durchaus beeindruckend, vor allem, wenn man selbst die Zeit mit Mauerbau, Cuba Krise und Attentat erlebt hat. Ein geschichtlicher Sprung zurück in die 60-ziger Jahre. Dabei hat dann das Seniors-Programm der USA auch mal die richtige Zielgruppe erreicht, nämlich mich. Wenn man schon nicht in der Army ist. Beim Eintritt 2$ gespart.

So hangele ich mich über viele Ankerplätze und zurück durch den Cap Cod Canal in den Long Island Sound. Die Ankergründe sind hier ausgesprochen schlammig und so sehe ich nach jedem Ankermanöver aus, wie nach einer frischen Fangopackung. Je näher ich New York komme, so größer wird in der Nacht die Lichtverschmutzung am Himmel. War es in Plymouth noch so rabenschwarz und der Ankerplatz so abgelegen, dass ich zur Nacht lieber das Schott einsteckte und abschloss, das einzige Mal auf dem bisherigen Törn, kann man jetzt fast nachts die Zeitung lesen. Auch der Betrieb an einzelnen Ankerplätzen wird wieder größer. Typisch amerikanisch, halten einige Motorbootfahrer an und fragen nach dem Schiffnamen oder sprechen mich auf Deutsch an, nachdem sie die Fahne gesehen haben.

Ich entwickle inzwischen ein inniges Verhältnis zum Schiffgenerator und er zu mir. Offensichtlich hat der mich so sehr ins Herz geschlossen, dass ein täglicher Freundschaftsbesuch erwartet wird. Um das zu bewerkstelligen, lässt er sich immer wieder neue Störungen einfallen oder schiebt Hustenanfälle vor, nur um  mich zu sehen. Ich mache ihm die Freude und wir lernen uns immer besser kennen.

Da ich auf den Ankerplätzen versuche die Plätze auch so zu wählen, dass die Chance auf ein freies W-LAN Netz besteht, kann ich die angesagten Hurrikans über die Webseite des Hurrikan-Centers verfolgen. Dramatisch für die betroffenen Inseln und in der Stärke und Intensität wohl auch eine neue Dimension. Ich sehe vor meinem geistigen Auge die Orte und Menschen, die wir vor einem halben Jahr noch besucht hatten

Jetzt noch weiter meinem ursprünglichen zu folgen und weiter nach Süden zu segeln, macht keinen Sinn. Die Hurrikans ziehen die amerikanische Ostküste hoch, bevor sie nach Europa abdrehen. Da will ich nicht hineinkommen. Der Hurrikan Jose ist der erste, der bis nach New York kommen wird. Mit Port Washington gibt es eine bezahlbare Möglichkeit vor New York eine seglerische Pause einzulegen. Die Hafenverwaltung vor Ort vermittelt mir eine geeignet große Mooring für das Schiff. Die bieten auch gleichzeitig einen freien Water Taxi Service an. Per Funk ansprechen und man wird mit einem Motorboot vom Schiff abgeholt und auch wieder zurückgebracht. Townkai, Supermarkt oder Restaurants sind die Anlaufstellen. New York, Penn Station,  ist von hier direkt mit der Bahn in 45 Minuten zu erreichen. Jose zieht mit Wind und Regenschauern in zwei Tagen durch. Die Mooring hält. Mein Programm heißt Wartung und Pflege.

Am sonntäglichen Landausflug gerate ich in das Baseballspiel der lokalen Mädchenmannschaft. Am aufgeregtesten waren die zuschauenden Eltern. Die Väter waren alle Coach. Das ist wie bei uns in der E-Jugend. Der Unterschied liegt in der Spielpause. Picknick für alle, auch die Spielerinnen. Hamburger und Softdrinks geben die Kraft für die nächsten Innings. Es zog sich und ich bin vorzeitig gegangen, ohne das Ergebnis abzuwarten.