Der Rückflug zum Schiff führt mit Zwischenstopp in Island, über Grönland nach Boston. Das der Flug mit der Zeit geht, ist es beim Überflug von Island und Grönland noch taghell und auch teilweise wolkenlos. So habe ich von oben einen fantastischen Überblick über die Menge der Eisberge und Schollen, die schon vor Island in der Dänemarkstraße unterwegs sind und noch mehr vor der Ostküste Grönlands und in dessen Buchten. Wenn ich mir dazu die veröffentlichten Eiskarten ansehe, die das nicht darstellen, kommen mir Zweifel, einen Törn mit einem Kunststoffboot, mit freistehendem Ruder, dorthin zu machen.
So sind jedenfalls, wie angedacht, die einzelnen Buchten von der Südspitze Grönlands bis Kulusuk als Tagesetappen nicht anzulaufen. Zusätzlich stelle ich beim Update der elektronischen Karten fest, dass es Navionics wohl vom Dänischen Hydrografischen Institut untersagt wurde die Karten detailliert darzustellen. Unter einen allgemeinen Maßstab geht es nicht. So teilt Navionics mit. Neben dem Eis, jetzt noch im August, ein weiteres Argument den geplanten Törn so nicht anzutreten.
Die Fahrt mit dem Leihwagen bringt mich von Boston zurück nach Belfast. Die Landschaft, mal Hügel, mal Seeblick und die kleinen Orte von Maine sind eine Gegend um sich darin zu Verlieben. Dazu Sonne satt, aber nicht zu heiß. Dem Betrieb in den Orten ist die Ferienzeit anzumerken.
Die Werft ist mit den vergebenen Arbeiten noch nicht fertig. Das Antifouling ist drauf, das Ruder fertig aber nicht eingebaut.
Gibt mir mehr Zeit zum Fummeln.
Während ich am Schiff poliere, bleiben immer wieder die Wochenendflaneure über das offene Hafengelände stehen und sprechen mich an. Mal werden technische Fragen zum Schiff gestellt, mal zur Reise bis hierher. Einer hört meinen deutschen Akzent heraus und führt das Gespräch fließend auf Deutsch weiter. Mit der Army und dem Roten Kreuz für vieler Jahre in Süddeutschland gewesen. Der nächste hat sogar schon auf meiner Homepage nachgesehen und ist über die Törns informiert. Schlussendlich kommt der Mann aus dem Haus von gegenüber der Straße hinter dem Schiff mal fragen, was es denn mit dem Namen auf sich hat. Seine Frau und er würden mich jetzt hier seit Tagen beim Arbeiten beobachten und hätten den Namen auch schon gegoogelt. Kam aber nur Musik. Ich kläre auf. Sehr interessant, dass muss er gleich seiner Frau berichten.
Mit Teilen meiner geplanten Arbeiten geht es nicht voran. Zwei Tage schiebe ich richtig Frust und frage mich, was ich hier eigentlich allein mache. Das Schiff einfach stehen lassen und zurück nach Berlin. Ich schaue schon mal nach Flügen und erkundige mich nach einem Winterlager. Irgendwie alles Mist und mir fehlt die Lust weiter zu machen.
Die Werft setzt dann die Maßstäbe, denn die wollen mich dann doch zum Wochenende ins Wasser bringen. Das Ruder kommt wieder ins Schiff und alles ins Wasser. Das fühlt sich dann schon besser an.
Der Herzschlag kommt mit der Abrechnung. Knapp 10.000,-$ werden aufgerufen. Ich kann es kaum glauben, was da an Stunden abgerechnet wird. Früher auf dem Bau hieß das: „Wer schreibt, der bleibt.“ Am Sonntag mache ich mich daran, die aufgelisteten Arbeiten mit den nötigen Arbeitsstunden, die ich dafür gebraucht hätte und in der Vergangenheit schon habe, abzugleichen. Am Montag einigen wir uns dann. Die Werft lässt ein paar hundert Doller nach und der Liegeplatz ist für die nächsten Tage frei. Es bleibt immer noch viel Geld. Zum Glück ist der Euro gegen den Dollar gerade im Aufwind. Ich hoffe, dass wenigstens das Ruder jetzt keine Probleme mehr macht.
Die freien Tage am Steg nutze ich, um die Segel wieder anzubauen und das Schiff wieder fit zu machen. Dazu gehört auch der Einkauf. Im beschaulichen Ort gibt es einen teuren COOP. Weiter draußen ein Einkaufszentrum mit Supermarkt. Allerdings fast zwei Meilen entfernt und hinter zwei Hügeln. Also eine Karre aus dem Hafen gegriffen und los. Ich kam schon mit der leeren Karre schwer ins Atmen. Zum Glück ist der Anstieg von der Supermarktseite nicht ganz so lang und steil, wie der vom Hafen hoch. Mit der vollen Karre galt es also, nach erstem Auftrieb, nicht mit Karacho in den Ort herunterzudonnern und über die einzige Ampel an der Hauptstraße zu schießen.
Ich war ziemlich platt, als ich wieder am Schiff wahr. Leider hatte ich wesentliches vergessen, Käse. Somit das dann noch einmal, jetzt aber ohne Karre. Zwischendurch kamen mir Zweifel, sich mit 64 so über die Berge zu schleppen. Ich sage nur: “Wohnmobil“. Da kann man das Bier wenigstens gleich vor dem Laden einladen.
Morgen geht es los Richtung New York. Im Plan möglichst viele Ankerplätze. Bei Marinaliegeplatzgebühren von 150,-$ plus sprengt das sonst meine Schiffskasse, wenn ich allein unterwegs bin. Vorher jedoch zum Abschied noch eine mittlere Eiweißvergiftung in Young’s Lobster Pound. Wie gehabt. Heute am Montag haben die Senioren die Terrasse übernommen. Tischdecken werden ausgebreitet, diverse Leckereien und Getränke kommen aus den mitgebrachten Kühlboxen auf den Tisch. Der Hauptgang ist dann Lobster, mit und ohne Muscheln oder Maiskolben.
Auch dieser Abend, wie alle Tage vorher viel Sonne in einer beschaulichen Umgebung. Einfach eine schöner Ecke der Welt. Scheint Tags die Sonne, wird es nachts frisch. Die Heizung habe ich noch nicht wieder zum Laufen gebracht, dafür gibt es ein doppeltes Bettdeck.