Ich weiß ja nicht, wie der New Yorker einkauft, aber anscheinend hatten wir den Weg, wie man zu einem größeren Einkauf ohne Auto oder Taxi kommt nicht entdeckt. Uber als Taxi ist da auch nicht immer die Lösung. Finanziell sicher eine Alternative zum Yellow Cab. Problematisch wird es nur, wenn sich die privaten Fahrer, die da kommen, auch nicht auskennen. Wenigstens lernt man aber so interessante Einheimische kennen. Schlussendlich waren wir für den Törn nach Maine versorgt.

Los ging es mit eine privaten Hafenrundfahrt über den Hudson, zur Freiheitsstaue, rund Manhattan und dann den East River hinauf. Immer im Slalom zwischen den vielen Fähren. Unter der Brooklyn Bridge wurden wir noch von einem Crewmitglied des vorherigen Törns fotografisch abgeschossen.

Sightseeing Manhattans von der Ostseite. Brooklyn Bridge, Manhattan Bridge, Williamsburg Bridge, Queensboro Bridge, Roosewelt Island und UN Gebäude. Mit der Bronx-Whitestone-Bridge und der Mündung des East River in den Long Island Sound ist dann auch die Peripherie Manhattans am Horizont verschwunden und der Blick geht wieder nach vorn.

Erstaunlich, wie weit sich der Sound öffnet. Ähnlich der Elbmündung bei Cuxhaven. Da um diese Jahreszeit ein SW-licher Wind vorherrscht, ließ es sich gut segeln. Einzig die munter vor sich hin läutenden Tonnen waren Beleg dafür, wie nebelig die Ecke sein kann. Bemerkenswert, dass einige Tonnen nicht nur mit einer Glocke ausgerüstet waren, sondern sich, a la Big Ben, mit gleich drei Glocken und Klangfarben zu erkennen gaben.

Im gesamten Sound, bis nach Martha’s Vineyard, liegen diverse  Inseln und Inselgruppen. Unsere Ankerplätze im Sound. Einige nur Landschaft mit Leuchtturm. Die meisten jedoch mit Ferienhäusern, dicht bebaut und daher privat. Anlanden mit dem Schlauchboot oder nur in Badehose nicht unbedingt erwünscht bis verboten. In Summe im Juni jedoch alles noch sehr beschaulich, da die vielen ausliegenden Mooringbojen nicht besetzt waren.

Block Island ist da schon etwas Besonderes, da sich nach der schmalen und flachen Einfahrt so etwas wie eine runde Kraterbucht öffnet. Ideal zum Ankern, aber auch mit vielen Mooringtonnen bestückt. Die Stege der Marina noch völlig leer, was den Hafenmeister aber nicht davon abhielt, vom offensichtlich ersten Saisongast, gleich einmal über 200,-$ Liegegeld zu kassieren. Man weiß ja nicht, wie es dieses Jahr läuft und was man hat, hat man. Das sollte dann aber auch zwischen New York und Boston unser einzige Stopp an einem Steg bleiben.

Spannend der Törn von Martha’s Vineyard zwischen den Inseln und durch den Cape Cod Kanal. Da der Kanal zwei unterschiedliche Tidengebiete verbindet, treten in dem kurzen Kanalstück Strömungen bis zu vier Knoten auf. Da ist es ein Muss zur rechten Zeit an der Kanaleinfahrt zu sein. Tricky die Wassertiefen um Plymouth, dem Anlandeort der Pilgrim Father’s mit der Mayflower. Das die da schon nicht vorher gestrandet sind, war entweder Glück oder gute Seemannschaft. Wir hatten wenigstens Seekarten und trotzdem musste schwer geguckt werden. Noch kein Jahr zuvor stand ich in Plymouth/England im Hafen an der Stelle wo die Mayflower in die Neue Welt abgesegelt war, um die Tshotsholoza abzuholen und jetzt hier!

Am nächsten Morgen rappelte es am Ankerplatz am Schiff. Ein Motorboot mit Anglern bot den gerade geangelten großen Fisch als Geschenk an. Die zogen mehr heraus, als sie verarbeiten konnten. Nach der dankbaren Zusage stellte sich heraus, dass der Kamerad noch lebte. Zwischen Frühstück und Anker auf schnell noch einen Fisch geschlachtet und filetiert. Muss auch nicht jeden Tag sein. Weiteren Fisch haben wir dann auch dankend abgelehnt.

Boston bietet auch eine Skyline. Zwar nicht New York, aber von der Wasserseite beeindruckend. Meine Schwierigkeiten vorab einen Liegeplatz zu reservieren wurden dadurch erklärbar, dass wir mitten in den Termin zur Bostoner Sail mit Tall Ship Meeting einliefen. Etwas außerhalb klappte es dann aber doch. Ganz gut, da wir damit nicht mitten im Trubel lagen.

Boston hat einen ausgewiesenen Geschichtspfad durch die Stadt. Der führt zu den historischen Gebäuden und Orten inmitten der Wolkenkratzer. Gruppenführungen finden in historischen Kostümen statt. Von der Boston Teaparty, als erstem Widerstand gegen die britischen Besatzer, bis zum aktuellen Holocaust Denkmal. Sehr bedrückend. Für jedes KZ steht ein Glasturm, beschriftet von Auschwitz bis Szobibor, in denen Wassedampf, wie Gas in den Todeskammern, auf den Besucher einströmt.

Der Pfad und die Parade der Großsegler an der Waterfront waren unser touristisches Programm.

Glücklicherweise war ein ehemaliger Harvardstudent als Crewmitglied an Bord. So hatten wir zusätzlich eine kostenlose Führung durch die Universitätsstadt Harvard. Er tauchte nach diversen Jahrzenten Abstand, noch einmal in seine studentischen Ursprünge ein. Sehr interessant zu hören und zu sehen.

 

Jeder amerikanische Präsident erhält nach seiner Amtszeit in seinem Heimatort eine Bibliothek mit seiner Geschichte und den wichtigsten Dokumenten seiner Amtszeit. Die von John F. Kennedy steht in Boston am Eingang zum Hafen. Davor ist seine Holzsegelyacht aufgestellt. Das war unser letzter Blick auf Boston.

Der folgende Törnabschnitt erinnert, vor allem an der Küste von Maine, dem Segeln durch die norwegische Fjordlandschaft oder die östlichen schwedischen Schären. Seenebel gibt es dort, wie auch hier. Der zog dann auch ab und an schlagartig auf, verschwand aber genauso wieder. Der entscheidende Unterschied sind die zu tausenden ausliegenden Bojen mit den Hummerkörben dran. Der anfängliche Versuch eine freie Segelstrecke zu finden, war zum Scheitern verurteilt. Augen zu und durch und nicht direkt über die Bojen fahren. Den dazu passenden Lobster gibt es in den vielen kleinen Orten, die zum Ankern oder Anlanden in den Buchten einladen. Frisch gekocht, am beste,n nur mit leicht gesalzener Butter.

So auch im letzten Stopp vor kanadischen Grenze, in Belfast. Direkt gegenüber der Marina und Werft, praktisch mit dem Schlauchboot direkt erreichbar, liegt Young’s Lobster Pound. Da die Tide hier etliche Meter beträgt, steht der große Holzbau auf Stelzen über dem Wasser. Davor eine Terrasse, auch über dem Wasser. Drinnen reihen sich die Becken mit Lobstern aller Größen aneinander. Menge und Gewicht angesagt und die Burschen wandern erst in ein Netz mit Nummer (bitte merken, die wird ausgerufen) und dann für 20 Minuten in kochendes Salzwasser. Auf Wunsch bekommen anschließend die essbaren Teile, wie Scheren, Gelenke und Schwanz mit dem Messer eine Sollbruchstelle. Das erspart weiteres Werkzeug. Ein Schälchen lauwarme, gesalzene Butter dazu an und ab auf die Terrasse. Getränke und weitere Gerichte, bis hin zu mehrgängigen Menüs können und sollten mitgebracht werden. Das wird von allen Anwesenden auch reichlich praktiziert. Der absolute Geheimtipp zum Lobsterverzehr kommt aber von zwei älteren Herren am Tisch, die sich gerade die Käseplatte zum Abschluss gönnen. Babypflegetücher! Feucht, reißfest und geschmacksneutral. Die dann größeren Mengen im Spender, um sich von den Essspuren um Mund und Hände wieder zu befreien. Wir durfen bei ihrer Packung zugreifen. Da das Schiff hier aus dem Wasser kommt und dafür einige Tage Vorbereitung benötigt, waren wir hier nicht zum letzten Mal.

Die Werft ist sehr gutorganisiert und ausgestattet. Angestellte, Liftkran und Aufpallung, alles sehr freundlich und professionell. Diverse große Motorboote und Segler liegen an Land zur Überholung. Neben der Reinigung und dem Neuanstrich des Unterwasserschiffes, muss noch einmal Hand an das Ruderblatt gelegt werden. Der auf den Kanaren bereits einmal laminierte Riss im Ruderblatt ist einseitig am Ende der damaligen Stelle wieder aufgetreten. Noch nicht dramatisch, sollte aber für das eigene Nervenkostüm in Ordnung sein. Mit den Arbeitsaufträgen bleibt das Schiff hier.

Die Küste von Maine hat mich begeistert. Ein traumhaftes Segelrevier mit vielen Inseln und Wäldern. Kleine Fischerorte wechseln mit unzähligen Ankerbuchten. Auch mittelgroße Städtchen finden sich. Entspannte Leute und angenehmes Klima, weil, nicht zu heiß. Kommt der Seenebel, heißt es am Ort bleiben. Mit Glück ein Ort mit einer Micro Brewery und dazu Lobster satt!